Rheinisch-katholischer Humor

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An eine Hochzeitsreise schließt sich für gewöhnlich eine Deutschlandtour(nee) zu den entfernten Verwandten des Partners/der Partnerin an. Auf diese Weise lernte ich auch Onkel Helmi in Bad Honnef kennen, der mit der Vaterschwester meiner Frau verehelicht gewesen war. Als evangelisch-freikirchlicher Pastor in Stelle hatte er jenes ergreifende Phänomen erlebt, das unter die Rubrik „Bekehrungserlebnis“ zu buchen war. Seitdem war er katholischer Pfarrer. Die römische Kirche nahm ihn wie andere evangelische, reformierte oder baptistische Gottesmänner auf, das heißt mitsamt der Frau, die nunmehr wie die Haushälterin eines zölibatär lebenden Priesters zu behandeln war, also unter strenger Einhaltung des sechsten Gebots*.

Nun war Onkel Helmi ein Bewunderer des Kirchenvaters Aurelius Augustinus, dessen Lehre aber eigentlich die Ehe als Zeugungsinstitut ansah, wobei zugleich alle Lust außen vor sein sollte. Was Augustinus zu übergelaufenen verheirateten Pfarrern gesagt haben würde, entzieht sich meiner Kenntnis, und den Experten, Hochwürden Helmi, habe ich zu fragen vergessen.

Er war ein begnadeter Witzeerzähler, der bei keiner Pointe auch nur die geringste Miene verzog und doch ersichtlich Freude am Erzählen hatte. Die meisten seiner Witze hatten mit dem Katholizismus zu tun, stellten etwa zwischen dem ewigen roten Licht und einer Verkehrsampel eine Verbindung her, indem ein Kind fragt, ob man vom Beten aus dem Kniefall wieder aufstehen dürfe, wenn es endlich Grün zeige.

Zu seinem Repertoire gehörte auch der nachfolgende Witz, der deutlich eine Zeit widerspiegelt, in der Westberlin „Frontstadt“ war, aber noch nicht durch die Mauer geteilt, und als das, was in Kriegszeiten einmal die „Kinderlandverschickung“ war, im Adenauer-Deutschland als Ferienprogramm für Berliner Kinder in westdeutschen Familien wieder auflebte: Hochwürden hat ein Berliner Ferienkind in Pflege und geht mit dem Jungen nach der Messe durch einen Wald. Ein Eichhörnchen läuft über den Weg. Fragt der Pfarrer: „Na, mein Junge, weißt du auch, was das ist?“ sagt Fritzchen: „Wenn´t nach mir jinge, wär’ det een Eichkätzchen. Aber wie ick den Laden hier kenne, is det jewiss det herzliebe Jesulein, wa?“

Jürgen Hühnke, 27.02.2007

*Das sechste Gebot lautet:

Du sollst nicht ehebrechen !
Was heißt das? (Luthers Erklärung):
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir keusch und zuchtvoll leben
in Worten und Werken und in der Ehe
einander lieben und ehren.

Über den Autor

Jürgen Hühnke

Jahrgang 1935
Gymnasiallehrer

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