Begegnungen mit der Presse

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Ich fuhr mit dem Fahrrad zur Schule. Der Weg führte mich durch die Stadt. An der Drehscheibe sprang die Ampel auf Rot. Der vor mir fahrende Lloyd Alexander bremste scharf. Diesen Wagen hatte ich mir als Windfänger ausgesucht. Mit dem Bremsmanöver hatte ich nicht gerechnet und knallte in voller Fahrt auf die hintere Stoßstange, rutschte sodann seitwärts weg auf die Bremsleuchte. Die zersprang und war nicht mehr zu gebrauchen. Ich klammerte mich im Sturz an mein Rad und konnte so Schlimmeres verhindern. Der Fahrer des PKW stieg aus, besah sich den Schaden und forderte eine polizeiliche Begutachtung. Auf der Wache wurden meine persönlichen Daten überprüft. Einen Ausweis hatte ich nicht. Ich durfte dann meine Fahrt fortsetzen. Später erfuhr ich, dass der PKW-Fahrer Reporter bei der WAZ war. Er war für lokale Nachrichten zuständig. Er bestand darauf, dass ich mich bei ihm entschuldigen müsse. Ich ging dann zur WAZ. Ich querte ein chaotisch anmutendes Büro. Es wurde eifrig gearbeitet. Männer und Frauen hämmerten auf ihre Schreibmaschinen und schrieben ihre Artikel für die morgige Zeitungsausgabe. In der Ecke des Raumes, abseits von den Lokalreportern, hatte mein Reporter seinen Arbeitsplatz. Ich räusperte mich, er sah auf und erkannte mich. Er gab mir die Hand. Ich murmelte meine Entschuldigung. Die akzeptierte er und damit war der Fall für ihn wohl erledigt. Für mich aber noch nicht ganz. Ich musste eine neue Rückleuchte bezahlen. Die kostete damals um die 10 DM, die ich nicht hatte. Ich glaube es war mein Onkel Franz, der Bruder meiner Mutter, der mir einen Kredit einräumte. Den durfte ich abstottern.

Während meines Studiums in Köln hatte ich eine weitere Begegnung mit der Presse. Wir untersuchten die Wirkung von Hauszeitschriften. Jede große Firma hatte und hat heute noch eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift für die Mitarbeiter. Dadurch soll u.a. das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert werden. Unser Referent vereinbarte mit dem Kölner Stadtanzeiger einen Besichtigungstermin. Wir sollten den Entstehungsprozess des täglich erscheinenden Nachrichtenblattes hautnah erleben. Und das geschah dann auch. Aus dem Schreibmaschinentext wurde ein Schrifttypensatz mit Bleisatzlettern erstellt. Daraus stellte man die Zeitung Seite für Seite zusammen. Auch Bildplatten konnten in den Bleisatz eingefügt werden. In weiteren Schritten wurden aus dem Bleisatz zylinderförmige Druckplatten für den Rotationsdruck erzeugt. Ich bin heute noch von dem Arbeitstempo beindruckt, mit dem die Papierrollen durch die Maschine gejagt wurden. Das Endlosband wurde geschnitten und gefaltet und kam als fertiges Produkt über Förderbänder zur Verteilerstation. Hier wurden die Zeitungen in Paketen auslieferungsgerecht gebündelt. Wir erhielten alle am mittlerweile späten Abend die Morgenzeitung des nächsten Tages. Wir fuhren nach einem kleinen Imbiss, der Kölner Stadtanzeiger wusste was sich gehörte, mit der Straßenbahn in unsere Studentenbuden. Wir ließen die Mitreisenden teilhaben an den Nachrichten von Morgen. Schließlich erlebt man es nicht oft, dass man heute schon weiß was Morgen in der Zeitung steht.

Die Bildzeitung wird in Ahrensburg gedruckt. Wir haben die Druckerei besucht. Die Druckvorlagen werden am Rechner eingegeben und druckfertig aufbereitet  Die Zeitungsseite wird in einer Fotofolie dargestellt. Wir waren am Nachmittag da und konnten daher den eigentlichen Druckvorgang nicht miterleben. Leider!

Die späteren Kontakte mit der Presse waren beruflicher Natur. Ich habe einige Artikel für die Computer-Woche geschrieben. Auch der Hamburger Betriebssportverband druckte Artikel von mir. Und selbstverständlich habe ich mich in diversen Hauszeitschriften gelegentlich schriftlich geäußert.

Ich bin eifriger Zeitungsleser Jeden Morgen erhalten wir das Quickborner Tageblatt. Für die Zeitung bin ich in meiner Tätigkeit für die Zeitzeugen einige Male interviewt worden. Gedruckt werden oftmals Dinge, die man gar nicht gesagt oder anders gemeint hat. Wenn es nicht ganz falsch ist, lass ich es stehen. Nicht jeder Reporter ist ein Egon Erwin Kisch, der gesagt hat Nichts ist erregender als die Wahrheit. Ich bin den Reportern gegenüber daher immer etwas nachsichtig.

 

Über den Autor

Uwe Neveling

Jahrgang 1937
Systemanalytiker

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